Descartes

Descartes: Cogito, ergo sum.

von Simon Hollendung

4.1 Die verschiedenen Formulierungen des Cogito

Die Standardformulierung "Ich denke, also bin ich" befindet sich in französischer Sprache bereits im früheren Discours de la méthode (Publikationsjahr: 1637), in lateinisch allerdings erst in den späteren Principia philosophiae (1644 in vier Teilen publiziert, zwei weitere sollten folgen).

Als Formulierungen im Rahmen des Cogito, ergo sum zählen alle Sätze, die den Zusammenhang zwischen dem Denken[28] und dem sein (lat. esse/existere) herstellen.

In den Meditationes schreibt Descartes: "Nachdem ich alles genug und übergenug erwogen habe, muß ich schließlich festhalten, daß der Satz "Ich bin, Ich existiere", sooft ich ihn ausspreche oder im Geiste aufasse, notwendig wahr sei".[29] Diesem Ego sum, ego existo folgt im 8. Abschnitt derselben Meditation eine Antwort auf die Frage "Also was bin ich nun? Ein denkendes Ding." Sofort schließt sich die Konkretisierung an "Was ist das? - Ein Ding, das zweifelt, einsieht, bejaht, verneint, will, nicht will, das auch bildlich vorstellt und empfindet."[30] Das res cogitans, also das denkenden Ding nennt Descartes in der dritten Meditation als Ergebnis der vorherigen. "Ich bin ein Ding, das denkt" heißt es dort und interessanterweise hat der Herausgeber den Zusatz "[= Bewusstsein hat]" dahinter gehängt.[31] In den beiden letzteren Formulierungen tritt bereits das res cogitans auf, das als Schlüssel zum ersten Prinzip Anlass zahlreicher Untersuchungen ist. Im Discours tritt neben der französischen Version des Cogito (,) ergo sum[32] auch die Formulierung Ego cogito, ergo sum (,) sive existo[33] auf.

Descartes benutzt insgesamt sieben verschiedene Formulierungen. Dieser engere Kreis der Cogito-Formulierungen weist drei wichtige Gemeinsamkeiten auf. Es handelt sich stets um singuläre Urteile. Das cogito und das sum ist assertorisch, also eine Aussage kennzeichnend, enthalten. Sie sind die einzigen Formulierungen im Rahmen des Cogito-Argumentes, die mit ergo (frz.: donc) verbunden sind. Dieser Partikel steht seit der Antike für die Einführung einer Konklusion und wird innerhalb des Cogito viel diskuttiert.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, das einige Autoren noch eine Menge andere Sätze dem Cogito, ergo sum zugehörig zählen. Alle weiteren Sätze sind allerdings in ihrer Zugehörigkeit zum cogito umstritten. Von der ersten Gruppe unterscheiden sie sich dadurch, das es sich um universelle Urteile handelt, deren Teilsätze problemorientiert und nicht assertorisch formuliert sind. Zudem handelt es sich meist um modale Urteile die nur noch vage mit der Struktur des Cogito, ergo sum verwandt sind.



Alle Formulierungen führen allerdings zum selben Ergebnis: Ein Widerspruch wird ausgemacht in der Annahme, daß jemand, der denkt, während er denkt, nicht existiert. Deshalb kann selbst im radikalen Zweifel nicht angenommen werden, daß der Zweifelnde nicht existiert. Wer nicht existiert, vermag nicht zu zweifeln, weshalb die Behauptung der eigene Existenz des Zweifelnden unbezweifelbar wahr ist.

[28] Lat.: Cogitare. Auch dubitare (=zweifeln) wird einmal benutzt.

[29] Aus: Rene Descartes, Meditationes de Prima Philosophia. S. 79. Dort wird das Original wie folgt angegeben: Adeo ut, omnibus satis superque pensitatis, denique statuendum sit hoc pronuntiatum, Ego sum, ego existo, quoties a me profertur, vel mente concipitur, necessario esse verum.

[30] Ebd., S. 87.: Sed quid igitur sum? Res Cogitans. Quid est hoc? Nempe dubitans, intelligens, affirmans, negans, volens, nolens, imaginans quoque, & sentiens.

[31] Ebd.,S. 99.: Ego sum res cogitans.

[32] Rene Descartes: Discours de la methode. S. 32.

[33] Ebd. S.31. Auch die französische Ausgabe enthält diesen Satz: Je pense, donc je suis.
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