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2.1 Die Grenzen des Zweifels in Descartes Epoche
Die cartesianische Philosphie scheint uns aus Sicht des 21. Jahrhunderts durch ihren starken Rationalismus sehr modern für ihre Zeit gewesen zu sein. Und doch geht der "Repräsentant der auf sich gestellten Vernunft"[18] nicht bis zur Grenze, sondern erkennt Gott, der nicht hinterfragt werden kann, an. Es gibt Grenzen der Erkenntnis, die Vernunft ist nicht allmächtig. In der wichtigen Frage, wo die menschlichen Erkenntnis aufhört, sieht man in ihm das Kind seiner Zeit.
Als Erklärung hierfür gibt er eine theologische und eine philosophische Antwort, was für die Spätscholastik seiner Epoche typisch ist. Im Vordergrund steht natürlich die mangelnde menschliche Erkenntnisfähigkeit. Nur Gott ist vollkommen weise. Es liegt auch nicht im Sinn des Menschen, über die ihm gegebene Erkenntnisfähigkeit hinaus zu gehen. Es gilt, das Erreichbare mit aller Kraft anzustreben, das Unerreichbare aber auf sich ruhen zu lassen. Gerade unseren Sinn und Zweck auf Erde gilt es nicht zu hinterfragen. Der Wille und die Vorhersehung Gottes bleiben undurchsichtig, während es den Menschen überlassen bleibt, die Welt kausal zu entdecken.
Die philosophische Erklärung unterscheidet zwischen der theoretischen Suche nach Wahrheit und dem faktischen Leben. In praktischen Situationen können wir nicht alle möglichen Handeln bis ins Letzte hinterfragen. Es gilt erstmal zu Handeln. Wir haben in solchen Momenten nicht die Zeit, bis zu zweifelsfreien Wahrheiten vorzudringen. Es gilt, Wahrscheinlichkeiten zu erkennen. Für Descartes ist das sowohl Schwäche des Menschen als auch eine Möglichkeit zur Stärke in ihm.[19]
Die Gegensätze von natürlichem und übernatürlichem Licht spiegeln bei Descartes die Trennung von Vernunft und Glauben wieder.[20] Er vollzieht diese Trennung sehr genau und versucht, Theologie und Philosophie nicht zu vermischen. Diese Überlegungen sind sehr stark von der Scholastik beeinflusst. Ebenso die daraus hervorgehende Lehre von der doppelten Wahrheit. Ein Unterschied liegt darin, dass Descartes Theologie und Philosophie als Ausgleich an sieht, in der Scholastik wird der Glaube stehts höher eingestuft. Doch sowohl die Scholastik als geistige Hauptströmung seiner Epoche wie auch Descartes selbst beschäftigen sich stark mit den Überschneidungspunkten zwischen Glauben und Vernunft.
[18] Jaspers, Karl: Descartes und die Philosophie. Berlin, Leipzig 1937. S. 68.
[19] Ebd. S. 68 - 70.
[20] Vgl. Rene Descartes: Meditationes de Prima Philosophia. S. 135.
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